Höhler-Biennale: Ausstellung „Schattenwelt – Lichtblicke“

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Kunst in der Unterwelt? Die Höhler-Biennale in Gera erfreut sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit. Nun habe auch ich von dem Verein gehört, der alle zwei Jahre internationale Installationskunst ausstellt. Dies geschieht sogar für einen guten Zweck, sagt ein bekannter Galerist Markus, mit dem ich mich in die mysteriösen Höhlen in die Ausstellung „Schattenwelt – Lichtblicke“ hinunterwage.

 „Schattenwelt – Lichtblicke“ – Die Kunst in den Unterwelten der Höhler-Biennale

„Der Verein möchte mit diesen Ausstellungen zum Selbsterhalt beitragen, aber auch die Höhlen in einer einmaligen Atmosphäre präsentieren und die Parallelen zwischen Öffentlichkeit und Verborgenem vermitteln“, erklärt mir Markus.

Die Höhlen sind einstige Bierlagerstätten und befinden sich unter Geras Altstadt, inmitten in einem Labyrinth aus Gängen, Tunneln und Nischen. Wir werden in etwa 12 Meter Tiefe von einer beeindruckenden Kunstwelt erwartet. 25 Künstler stellen hier ihre Werke aus – und jedes davon ist einzigartig wie tiefgründig zugleich. Wir sehen so viel Faszinierendes, aber auch Bilder, die uns zum Nachdenken anregen.

Cosima Schugmann, "Begegnung", "Jede Begegnung, die unsere Seele berührt, hinterlässt eine Spur, die nie ganz vergeht.“ Höhler-Biennale, 2017 (#1)

Cosima Schugmann, „Begegnung“, „Jede Begegnung, die unsere Seele berührt, hinterlässt eine Spur, die nie ganz vergeht.“ Höhler-Biennale, 2017 (#1)

So wird die aktuelle politische Situation der Flüchtlinge ebenso thematisiert wie Hexenverbrennungen im Mittelalter oder aber das Sujet der Mythologie. Ich bin zutiefst beeindruckt von der künstlerischen Inszenierung, die sich jenseits des Alltäglichen bewegt.

In der Höhler-Biennale begegnen uns Zahlreiche „Exponate“ in Form von grafischen Abbildern, Leinwandschatten oder anderen Licht-Schatten-Konstruktionen. Oftmals frage ich mich, wie diese Art von Gebilde entstehen kann und welche Bedeutung sich wohl dahinter verbergen mag. Der bunte Sternenhimmel «Pinyin» zum Beispiel sieht auf den ersten Blick wie eine Art Kunst für Kinder aus.

Marion Linke, "Der Verletzlichkeit Raum geben", Höhler-Biennale, 2017 (#2)

Marion Linke, „Der Verletzlichkeit Raum geben“, Höhler-Biennale, 2017 (#2)

Alles ist bunt und sehr fröhlich gehalten – wären dort nicht die Schriftzüge «Krieg» und «Terror» zu finden, die dem Werk eine politisch-soziale Konnotation verleihen.So stehen all die Sterne wohl für die vielen Geflüchteten, die man aus ihrer Heimat vertrieb.

Der Sternenhimmel bekommt für mich in diesem Moment eher eine tragische Bedeutung, steht für Zerstreuung und Zukunftsängste, vielleicht auch für die Herausbildung einer vorverurteilten Parallelgesellschaft. Vielleicht möchte der Künstler so jenen Gehör verschaffen, die keine glückliche Kindheit erleben dürfen.

Umgeben von leuchtenden Haien im Schatten der Inquisition – Schattenwelt oder Lichtblicke?

Je weiter wir in der Höhler-Biennale voranschreiten, umso mehr beeindruckende Kunst können wir entdecken: Eine Künstlerin stellt beispielsweise Szenen der Inquisition auf Porzellantafeln nach. Wir begegnen aber auch faszinierenden leuchtenden Haien, die durch den Raum „schweben“. „Das wäre etwas für meinen Freund – den interessiert alles, was mit Wasser und Ozeanen zu tun hat“, scherze ich.

Heinz Bert Dreckmann, "HÖHLERGLÜHEN", Höhler-Biennale, 2017 (#3)

Heinz Bert Dreckmann, „HÖHLERGLÜHEN“, Höhler-Biennale, 2017 (#3)

Am erstaunlichsten finde ich die Installation der mythologischen Figuren, die mit einer Taschenlampe an die Wand projiziert werden. Sie stehen auf einem Tisch, aber ihre Schatten sind an der Wand sehr klar erkennbar und bilden neue, noch detailliertere Figuren aus. Vielleicht beschreibt dieses Werk das untrennbar verknüpfte Zusammenspiel von Licht und Schatten, die wie Ying & Yang miteinander verwoben sind, am besten.

Die Figuren machen einen unheimlichen Eindruck, wirken sehr diabolisch. „Was uns der Künstler mit diesem Oeuvre wohl sagen möchte?“, murmle ich. Markus antwortet: „vielleicht möchte er aussagen, dass Licht und Schatten – in dem Fall Gut und Böse – sehr eng miteinander verbunden sind und wir lernen müssen, auch für unsere schlechten Taten, die dunklen Seiten, einzustehen.“

Oscar Estepa Marin, "PINYIN", Höhler-Biennale, 2017 (#4)

Oscar Estepa Marin, „PINYIN“, Höhler-Biennale, 2017 (#4)

Nach über 2 Stunden verlassen wir erschöpft, aber glücklich, die Höhler-Biennale und erfahren, dass auf dem Schloss Osterstein bald auch noch zusätzliche Werke zu sehen sein sollen. Für mich ist die „Schattenwelt – Lichtblicke“-Ausstellung ein Jahreshighlight und eine gelungene Klein-Installation mit vielen beachtenswerten Künstlern und vor allem einer spannenden mythologischen, sozialen, aber auch philosophischen und politischen Zeitreise.


Bildnachweis
Titelbild: Erdmute Prautzsch, In meinem Zimmer, Foto: © Jana Holec, JaHo Fotografik
Weitere Fotos: #1 © Jana Holec, JaHo Fotografik, #2 © Atrium Digital, Gera, #3 © Atrium Digital, Gera, #4 © Atrium Digital, Gera,

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